Die (immer gleichen) Fragen

Viele, die früher mit dem Amiga stark verbandelt waren und sich wieder oder noch immer für ihn interessieren, stellen sich die immer wieder neu aufkommende Frage „Was ist los mit dem Amiga? Kommt er noch einmal zurück oder ist endgültig Schluss, was passiert überhaupt noch?“.

An dieser Stelle wollen wir – die dem Amiga nie fern waren und seit nunmehr 20 Jahren dieses Projekt betreiben, ein Resümee ziehen und laut darüber nachdenken, ob diese Fragen überhaupt noch angebracht sind.

Ist der Amiga endgültig tot?

Allein diese Betitelung „tot“ ist eine reine Definitionssache und behagt uns persönlich überhaupt nicht. Jedoch nicht, weil wir die Fakten nicht wahrhaben wollen, sondern weil es schlichtweg nicht stimmt. Tausende Amiga Fans, die aktiv am Erhalt arbeiten und ihre noch vorhandenen Amiga Systeme – aus welchen Gründen auch immer – immer noch nutzen – da kann man nicht von tot sprechen.

Der Amiga war nie tot und wird es wohl auch auf lange Zeit nie wirklich sein – er wird schlichtweg nur seit dem Niedergang von Commodore einfach nicht mehr weiterentwickelt. Dessen muss man sich einfach bewusst werden, dann verändert sich auch der Blickwinkel und die Ansicht dessen, was der Amiga früher war und was er heute ist und ob es Sinn macht, hieran mit aller Gewalt etwas verändern zu wollen.

Kommt der Amiga noch mal wieder?

Hierauf antworten wir eigentlich immer gleich – wieso wieder? Er war nie weg!!!

Natürlich ist uns aber bewusst, wie diese Frage gemeint ist und wir erlauben uns hier einfach ein Stückweit gesunden Realismus an den Tag zu legen und beantworten die Frage wie folgt:

Der Amiga, so wie wir ihn kennen, ist einmalig. Es kann schon allein aus diesem Grund keinen würdigen Nachfolger geben. Selbst wenn jemand ein neues System entwickeln und es als Nachfolger des klassischen Amigas betiteln würde – er hätte es wohl schwer, von der breiten Masse, der Amiga Fans anerkennt zu werden. Ganz zu schweigen, von der Tatsache, dass er ein echtes Problem hätte, sich gegen die heutige PC Szene zu behaupten. Ergo müsste dieser Amiga kompatibel gemacht werden, womit wir wieder bei der Tatsache wären, dass es dann wohl nicht mehr „der“ Amiga ist, der er mal war.

Dieser pathetischen Annahme stehen aber auch ganz banale Fakten an der Seite. Realistisch betrachtet ist die Weiterentwicklung des Amigas um 1993, kurz vor dem Niedergang von Commodore eingestellt worden. Diese Zeilen schreiben wir im Jahre 2018, dem Jahr unseres 20 jährigen Bestehens – zu diesem Zeitpunkt gibt es die Firma Commodore nun faktisch seit nunmehr 24 Jahren nicht mehr. Seit dem hat es keine ernsthaften und kommerziellen Bemühungen mehr gegeben, den Amiga weiter- oder gar neu zu entwickeln. Angesichts immer kleinerer und schneller werdender Hardware und einem Zeitzerfall, der mit kaum etwas zu vergleichen ist, wäre es aber auch ungefähr so, als würden wir uns in die Zeit der Römer zurück wünschen oder die Buschtrommeln wieder hervorholen, statt über die Glasfasernetze zu kommunizieren.

Immer wiederkehrende Ankündigungen

Natürlich hat es aber auch immer wieder Gerüchte um potenzielle Neuerscheinungen gegeben. Bis auf einen tatsächlich existenten und unter der Escom Ära weiter entwickelten Prototyp namens „Walker“ hat es aber keine weiteren Bemühungen gegeben. Zumindest hat niemals eine Veröffentlichung eines solchen Prototyps stattgefunden. Auch der Walker war letztlich nur eine nie in Serie gegangene Feldstudie, die es niemals über den Alpha Status schaffte.

Ab etwa der Jahrtausendwende waren es dann schlussendlich ausschließlich die Fans – Hardcore Fans, die sich mit ihrem in der Zwischenzeit erarbeiteten Fachwissen immer mal wieder daran versucht haben, etwas zu entwickeln – sei es auch nur in der Theorie. Alle sind aber letztlich an den unterschiedlichsten Hürden gescheitert. Seien es Lizenzrechtliche Probleme, finanzielle Probleme oder den nicht zu unterschätzenden Akzeptanzproblemen in der Amiga Fan Gemeinde. Nicht vergessen sollte man auch, dass zu diesem Zeitpunkt die PC Technik bereits kurz davor war, im vierstelligen Megahertz Bereich anzukommen. Microsoft hatte zu diesem Zeitpunkt bereits nach Windows 95, 98 und ME nun Windows 2000 vorgestellt – ein Betriebssystem, dass sicherlich nicht so viel Charakter, wie die gute alte Workbench hatte, aber einfach in der breiten Masse angekommen war. Auch nicht zu unterschätzen war die Tatsache, dass Laptops/Notebooks nicht nur erschwinglich, sondern auch Konkurrenzfähig, zu Desktop Rechnern wurden.

Während sich also in den 90zigern noch die Heimcomputer eine Schlacht gegeneinander und gemeinschaftlich gegen die PC Industrie lieferten, sind es fortan Gefechte um Megahertz, Speicher und Größe, die den Markt bestimmen.

Bereits zu diesem Zeitpunkt wäre es allein schon von technischer Seite ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, den klassischen Amiga, so wie wir ihn kennen, weiterzuentwickeln und Konkurrenzfähig zu machen und vor allem zu halten. Lediglich eine komplette Neuentwicklung, auf Basis des alten Amigas hätte hier noch stattfinden können. Ob dieser Amiga aber jemals eine halbwegs profitable Nische für sich hätte sichern können, muss man mit gesundem Realismus einfach bezweifeln. Gegen die PC’s hätte er jedenfalls bereits zu diesem Zeitpunkt nichts mehr ausrichten können. Zu viele PC’s waren schon im Umlauf, zu viele Firmen haben sich auf gemeinsame Standards geeinigt. PC Hardware gab es hier bereits an jeder Ecke und zu kleinsten Preisen.

Apple war in dieser Phase das beste Beispiel – hätte Steve Jobs seinerzeit Apple nicht radikal umstrukturiert und Neuentwicklungen werbewirksam zu Lifestyle Produkten ernannt, würde Apple heute nicht mehr existieren. Hat Jobs jedoch Rücksicht auf die existierende Gemeinde der alten Macs genommen? Nein, denn Apple stellt heute eigentlich nüchtern betrachtet auch nur sanktionierte PC Hardware her, die ein Gefühl der Exklusivität vermitteln sollen. Hauptkerngebiet von Apple sind heute aber auch nicht mehr Computer, so wie wir sie kennen, sondern technische Lifestyle Produkte, wie MP3 Player, Smartphones, Tablets und immer mehr digitale Produkte, wie iTunes, iCloud etc.!

Wer also noch einen alten Mac besitzt hat heute von Apple ungefähr genauso viel, wie der gemeine Amiga Besitzer OHNE noch existierende Herstellerfirma – nämlich gar nichts!

Einige werden uns hier widersprechen und sagen, dass es beim Amiga sehr wohl Weiterentwicklungen/Neuntwicklungen gegeben hat und uns Systeme aufzählen, die wenn auch nur in Kleinserie produziert wurden und faktisch existieren. Wir können dem aber einfach nicht zustimmen, da es sich dabei letztlich nicht um Neuentwicklungen, sondern lediglich Portierungen und Klone gehandelt hat. Das ist keineswegs abzuwerten, hat aber faktisch nun mal nichts mit einer Weiter- oder Neuentwicklung zutun, sondern wird von uns allenfalls als moderne Interpretation des Amigas angesehen. Noch dazu sind es einige Parallelsysteme gewesen, die gar nicht oder nur in Teilen untereinander kompatibel sind. Somit gebietet sich hier schon der Aspekt, nicht von einer Weiter- oder Neuentwicklung sprechen zu können.

Würde Commodore heute noch existieren, wäre es wohl ähnlich verlaufen, wie mit Apple. Der Firma ginge es gut, das Ursprungsprodukt gäbe es aber auch nicht mehr in der Form, wie wir es kennen.

Was der Amiga für uns heute ist

Vielleicht sollte man sich aber auch von dem ganzen Gedankengut „was wäre wenn“ und „kommt da noch was!“ befreien. Der Amiga ist für uns das, was er eigentlich schon immer war – ein Wegbereiter und ein Stück Lebensgefühl seiner Zeit. Viele sind in der dieser Ärar überhaupt erst mit dem Computer warm geworden. Nicht unwesentlich wenige haben durch den Amiga eine Beeinflussung ihrer beruflichen Laufbahn an sich erfahren. Man täte dem Amiga Unrecht, ihn einfach nur auf seine technischen Aspekte zu reduzieren, denn der Amiga war mit all seinen Mitbewerbern viel mehr, als nur ein Stück Hardware. Er war ein Wegbereiter, der heutigen, medialen Welt und für fast alle mehr, als das, was ein Computer heute ist.

Für viele haben die Amigas noch heute so etwas, wie eine eigene Persönlichkeit – in vielen Communitys sind die Leute sogar dazu übergegangen von „der Amiga (Freundin)“, statt DEM Amiga zu reden. Wir persönlich sind da nicht ganz so extrem. Es bleibt aber auch für uns ein zu würdigendes und zu erhaltenes Stück Computer Historie. Auch für uns beginnt eine Zeitreise zurück, wenn wir uns mit den Computern dieser Ära aktiv befassen. Für uns ist und bleibt der Amiga ein in seiner Welt einmaliges Stück Computertechnik, dass es so niemals wieder gegeben hat und wohl auch nicht mehr geben wird.

Die heutige Amiga Welt und ihre Szene

Wir finden aber auch, dass es überhaupt nicht sein muss, den Amiga in der heutigen Welt wieder neu aufzulegen. Die Amigas, die noch existieren, bieten noch so viel Möglichkeiten, die man entdecken und ausreizen kann. Nicht ohne Grund ist die Amiga Szene eine der ältesten und größten IT Communitys der Welt! Auch heute begeistern sich noch immer Menschen für die Amigas, die längst nicht mehr mit ihm groß geworden sind.

Sammler, die weltweit noch TAUSENDE Amigas in ihrem Besitz haben. Etliche, findige Tüftler, die noch heute Peripherie für diese Geräte herstellen und mittels USB Controllern, Netzwerkkarten etc. sogar die Möglichkeit schaffen, diese alten Computer an der neuen, digitalen Welt teilhaben zu lassen.

1. Fazit

Ist der Amiga also tot, nur weil er seit 1993 keine kommerzielle Wiedergeburt erfuhr? Niemals und zu keiner Zeit war er jemals tot! Die Freunde des Amigas sind heute dank Internet besser organsiert, als es zu Zeiten des Amigas je möglich gewesen wäre – die heutige, technische Welt, mit 3D Druckern, Platinen ätzen für jedermann etc. sorgt dafür, dass es eigentlich unmöglich ist, den Amiga tot zu kriegen. Er wird vielleicht seltener, deshalb ist er aber noch lange nicht abgeschrieben. Er fristet ein würdevolles und immer noch ein sehr aktives Rentendasein, was seine Schaffer so wohl damals niemals für möglich gehalten hätten.

Spekulatives

Viele Gerüchte und viele Meinungen ranken um den Untergang des Amigas. Teils wird sogar sehr emotional darüber diskutiert. Wir haben uns jedoch dazu entschlossen, uns dem nicht anzuschließen. Niemand kann mehr zu 100% sagen, inwieweit die damaligen Heimcomputer Hersteller ihren Untergang selbst begünstigt haben, denn das große Sterben betraf auch viele andere namhafte Unternehmen, wie z.B. Atari, Schneider & Co.! Und letztlich war Commodore ein Gewinn orientierter Konzern, wie viele andere auch.

Wir vertreten aber auch die Meinung, dass das völlig egal ist. Die Tatsache, dass es überhaupt mehrere parallel existierende, jedoch teils zueinander völlig inkompatible Computer Systeme gab, war bereits der wesentliche Indikator dafür, dass das irgendwann ein Ende haben musst. Es ist der Lauf der Dinge, dass sich gewisse Dinge durchsetzen und viele andere, innovative Dinge nicht immer Bestand haben.

Die heutige Computertechnik zeichnet aus, dass alles über Kreuz zueinander kompatibel (zumindest in der Theorie) ist und eigentlich durch Industriestandards miteinander harmoniert. Dies gelingt mal mehr, mal weniger gut. Grundvoraussetzung hierfür ist aber nun mal eine Vereinheitlichung der Basis. Hierfür waren die Heimcomputer leider absolut ungeeignet. Heutige Computer unterscheiden sich eigentlich nur noch durch die Wertigkeit der verbauten Komponenten – in der Basis arbeitet ein 300 EUR Discounter PC exakt so, wie ein High End 4000 EUR PC.

Was viele Fans der alten Heimcomputer auch gerne vergessen – Commodore, Atari und heute auch noch Apple, sind keine Gemeinnützigen Vereine, die nur das Interesse und Wohl des Nutzers im Blick haben. Einzig und allein die Marktpräsenz und der Profit sind entscheidend. Ein in der freien Marktwirtschaft agierendes Unternehmen, hat nicht den Luxus, aus einer Emotion heraus zu handeln.

Heute bekommt man das noch deutlicher zu spüren, als früher. Begriffe, wie geplante Obsoleszenz, EOL (End of Life) etc. dominieren den Technikmarkt. In der Zeit der Heimcomputer war es üblich Geräte zu bauen und zu entwickeln, die locker bis zu 10 Jahre hielten. Heute werden bereits völlig neue Techniken erprobt und entwickelt, während das aktuellste Produkt gerade erst auf dem Markt erschienen ist.

Wer heute ein TV kauft, weiß morgen nicht, ob es bereits veraltet ist und nur noch einen Bruchteil dessen Wert ist, was man bezahlt hat. Der Support wird dann teils schon gleich bei EOL Stellung eingestellt.

Da ist leider kein Platz für die persönlichen und emotionalen Vorstellungen, eines Amiga Fans.

2. Fazit

Macht es also Sinn, alten Zeiten nachzutrauern und utopische Wünsche aufzustellen oder darüber zu streiten, warum es kam, wie es kommen musste? Oder ist es nicht sinniger, die alte Zeit so lange in Ehren zu halten, wie es die noch vorhandene Technik erlaubt?

Die Rhetorik dieser Frage sollte jedem ersichtlich sein – jeder, der nur halbwegs realistisch denkend veranlagt ist, wird hierauf bereits vor diesen Zeilen die richtige Antwort gewusst haben.

Wir, die Fans sind es, die das Schicksal des Amigas in den Händen haben – lasst uns das beste daraus machen!